Serie: Familienzentrum wird 10 - Teil 1
Seit 2014 gibt es das „Familienzentrum Kriftel“ - ein Netzwerk von Organisationen oder Diensten, die sich in Kriftel mit dem Thema Familie beschäftigen. Im Herbst wird Geburtstag gefeiert.
„Das große Plus in Kriftel: Die Menschen engagieren sich gerne“
Seit 2014 gibt es das „Familienzentrum Kriftel“ - ein Netzwerk unterschiedlicher Organisationen oder Dienste, die sich in Kriftel mit dem Thema Familie beschäftigen. Im Herbst wird das 10jährige Bestehen im Rahmen der Spiele im Park gefeiert. In einer kleinen Serie stellen wir verschiedene Aspekte vor. Teil 1 beschäftigt sich mit der Gründung, Höhen und Tiefen.
Mittlerweile ist der Name wohl den meisten Bürgerinnen und Bürgern bekannt. „Zumindest sieht es so aus“, freut sich Bürgermeister Christian Seitz. Denn fast alle Angebote sind sehr gut nachgefragt, Kurse schnell gefüllt. Vielleicht liegt das auch am ungewöhnlichen „Erfolgskonzept“: „Die Organisation unseres Familienzentrums ist einzigartig im Main-Taunus-Kreis“, betont Seitz stolz. „Denn es ist weder an eine bestimmte Organisation noch an ein Haus gebunden. Wie in vielen anderen Bereichen arbeiten hier Menschen, Vereine und Institutionen zusammen - zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger.“
Angebote für Familien gab es natürlich auch schon vor der Gründung des Familienzentrums in der Obstbaugemeinde. Zum Beispiel von Kirche, Kulturforum oder den Kitas initiiert. Aber diese kompakt in einem Programmheft zu finden, das ging eben nicht. „Eines meiner vorrangigsten Ziele als Bürgermeister war und ist es, die Gemeinde Kriftel noch familienfreundlicher zu machen. In diesem Zusammenhang kam 2013 die Idee auf, all die Angebote unter einem Dach zusammenzufassen, die sich an Familien richten“, so der Bürgermeister. „Dass das Land Hessen 2013 Fördergelder speziell für Familienzentren ausgeschrieben hat, war der konkrete Anlass, dieses Vorhaben anzugehen“, ergänzt Diplom-Soziologin Lydia Rauh. Die Leiterin der mobilen beratung Kriftel ist beim Verein Jugendberatung und Jugendhilfe (JJ) angestellt, der die Trägerschaft des neugegründeten Familienzentrums übernahm. Ihre Aufgabe ist seit der Gründung die Koordination aller Termine und die Zusammenstellung eines Programms, das sich sehen lassen kann.
Fördergelder fließen komplett in Honorare
Gründungsmitglieder waren zunächst die Gemeinde Kriftel, die Seniorenberatung, damals noch vom DRK und inzwischen von der Gemeinde finanziert, und die mobile beratung. Das Ziel: mit einem breiten Angebot alle Bevölkerungs- und Altersgruppen erreichen. Also Veranstaltungen, Vorträge, Kurse und Workshops für Kinder, Jugendliche, Familien und Seniorinnen und Senioren anzubieten. „Das waren arbeitsreiche Zeiten“, sagt Lydia Rauh schmunzelnd. Schließlich galt es, für den Förderantrag ein Konzept, eine Sozialraumanalyse zu erstellen, einen Träger zu finden. „Die Wege in Kriftel sind kurz, die Vereine und Organisationen waren bereits gut vernetzt. Das hat die Arbeit erleichtert“, so Seitz.
Die Arbeit hat sich gelohnt: 2014 wurden die Fördergelder in Höhe von 12.000 Euro bewilligt. Seitdem gingen jedes Jahr Fördergelder ein. 2024 gab es 18.000 Euro Zuschuss vom Land. „Der große Vorteil unseres Organisationsmodells: Das Geld muss nicht für Personalkosten ausgegeben werden, da ich mit voller Stelle beim Verein JJ angestellt bin“, betont Lydia Rauh. So kann die komplette Summe in die Honorare von Übungsleiter/innen und Referent/innen fließen. „Dennoch sind wir weiter auch auf Spenden angewiesen“, so Lydia Rauh. Viele Veranstaltungen wie Themen- und Vortragsabende zum Beispiel, werden kostenfrei angeboten und gerade Veranstaltungen für die Kinder sind sehr betreuungs- und kostenintensiv. Diese sollen für die Teilnehmer/innen bezahlbar bleiben.
„Das große Plus in Kriftel: Die Menschen engagieren sich gerne und es fällt nicht schwer, Leute zu finden, die ein Angebot machen möchten“, so Rauh. „Meine Aufgabe ist es, diese Menschen weitestgehend zu unterstützen. Sie sollen mit Organisationsfragen, dem Finden von Terminen und Räumen möglichst keine Arbeit haben, dafür bin ich da. Sie sollen sich darauf konzentrieren können, ihr Angebot inhaltlich auszugestalten.“
Buntes Ideensammeln
Als das Familienzentrum offiziell gegründet war, ging das „bunte Ideensammeln“ los, berichten Rauh und Seitz. „Wir haben Dinge einfach ausprobiert“, sagt er schmunzelnd. Nach wie vor finden dreimal im Jahr Treffen aller Kooperationspartner statt, um Termine und Raumbelegungen zu koordinieren und Ideen zu sammeln.
Kooperationspartner sind die Gemeinde Kriftel, die mobile Beratung, das Freizeithaus, der Ausländerbeirat, die Seniorenberatung, das Kulturforum, die Heilpädagogische Beratungsstelle, die Evangelische Kita Vogelnest, die Kita Obstgärtchen, die Evangelische Auferstehungsgemeinde, die Katholische Familienbildungsstätte und die Evangelische Familienbildung sowie der Förderverein Lindenschule. Sie bilden ein Netzwerk, arbeiten aber selbstständig. Netzwerkpartner, mit denen punktuell zusammengearbeitet wird, sind das Jugendamt, die Frühförderstelle, die katholischen Kitas St. Vitus und St. Elisabeth, die Lindenschule und die Weingartenschule, die Katholische Kirchengemeinde St. Vitus, die Freie evangelische Gemeinde Main-Taunus, die Feuerwehr und die Sportvereine.
Diese Menschen formen als Vertreter und Vertreterinnen der Kooperationspartner das Programm des Familienzentrums maßgeblich mit (v. li.): Bürgermeister Christian Seitz, Stephan Frisch, Carmen Jimenez, Michelle Müller, Lydia Rauh, Tanja Seitz, Ida La Porta, Gabriele Kortenbusch und Pasquale Fiore. Foto: Wiegand_FFC
Senioren, Jugend und Familie
Die drei großen Themenbereiche: Senioren, Jugend und Familie. Auch übergreifende Angebote für alle Generationen wie die „Familienspiele“ in den Wintermonaten sind ein wichtiger Teil des Programms.
Besonders beliebt sind seit Jahren die Themenabende. Themen des ersten Halbjahrs 2024 waren da zum Beispiel das Elterngeld, Patientenrechte, der Umgang mit Demenz oder die „Balance im Alltag“. Für Jugendliche ab 13 Jahren, die gerne auf kleinere Kinder in der Nachbarschaft aufpassen möchten, gibt es regelmäßig Babysitterkurse, speziell für Seniorinnen und Senioren bietet das Familienzentrum Erste-Hilfe- oder Smartphone-Kurse an. In letzteren geht es um Datenvolumen, Betriebssysteme aber auch Fragen der Bedienung, das Nutzen von Apps und Messenger-Diensten.
Monatlich öffnet das Café Pause für pflegende Angehörige, es gibt „Gespräche am Brunnen“ für Trauernde, das Handy Café, für alle, die Fragen rund um ihr Smartphone oder Tablet haben, die Telefonsprechstunde Familienrecht, einen Frauentreff für geflüchtete Frauen, ein Eltern-Kind-Kreis, Yoga für Kinder, die Lernstube als Hausaufgabenhilfe für Schüler mit Migrationshintergrund sowie das Mitternachtsfußball für junge Erwachsene in der Großen Schwarzbachhalle.
„Viele zunächst punktuelle Angebote haben sich mit der Zeit verstetigt und werden nun regelmäßig monatlich, vierteljährlich oder jährlich satt“, so Lydia Rauh. „Die Interessenten wissen, die Kurse kommen wieder. Auch ein vertrauensvolles Verhältnis zu langjährigen Übungsleiterinnen und Übungsleitern hat sich gebildet.“ Mit den Halbjahresprogrammen könne man flexibler auf die Bedürfnisse der Generationen in Kriftel eingehen: „Wenn etwas gut läuft, kann man im zweiten Halbjahr noch einen Kurs anbieten“, erklärt sie.
Tiefpunkt Corona
Aber überall gibt es natürlich Höhen und Tiefen. Und der Tiefpunkt in zehn Jahren Familienzentrum war eindeutig die Corona-Pandemie. „Die Pandemie hat vieles verdammt kompliziert gemacht. Was in der einen Woche galt konnte in der nächsten schon überholt sein. Alle Veranstaltungen mit Kontakt und Kindern mussten wir absagen“, erinnert sich die Diplom-Soziologin. Aber auch hier gab es Lösungen: „Wir haben viel online gemacht, die Digitalisierung vorangetrieben, Onlineschulungen entwickelt“, erinnert sie sich. Vieles wurde beibehalten und als positiv und fortschrittlich „mitgenommen“ in die Zeit nach Corona. „Sobald etwas möglich war, haben wir es gemacht, draußen, mit Abstand, mit Maske.“
Schwierig ist und bleibt es jedoch, immer einen Raum zu finden, obwohl es durch die Kooperationspartner bereits viele Räume gibt, die zur Verfügung stehen. Doch die Räumlichkeiten im Rathaus muss sich das Familienzentrum mit Gemeindeverwaltung, Kulturforum, Vereinen und Privatleuten teilen. Und sie müssen im besten Fall barrierefrei zugänglich und zentral gelegen sein.
„Das Ideal: Kinder durchlaufen die Kurse - vom Eltern-Kind-Treffen, übers Kinderyoga und den Selbstverteidigungskurs – und besuchen schließlich als junge Eltern den Infoabend Elterngeld“, sagt Lydia Rauh schmunzelnd. Dieses Vorhaben scheint zu gelingen. „Zukünftig soll die Familienbildung noch stärker im Fokus stehen: Themen wie Gesundheit, Aufwachsen, Erziehung. Das Familienzentrum soll eine Anlaufstelle für Eltern werden, sie sollen Fragen stellen können und Hilfe bei Problemen erhalten.“
Das sind die „Urgesteine“
Wer ist für was verantwortlich? Neben der allgemeinen „Ideenfindung“ haben diese neun Menschen folgende feste Aufgabenbereiche:
Gabi Kortenbusch: Themen für Seniorinnen/Senioren und Veranstaltungsorganisation
Fatma Gencer: Frauenfrühstück, Eltern-Kind Gruppe, Kinderyoga
Stephan Frisch: Flyer und Homepage
Lydia Rauh: Organisation
Carmen Jimenez: Menschen mit Migrationsgeschichte und Asylkreis
Tanja Seitz: Kita-Eltern und Babysitterkurse
Michelle Müller: Freizeithausaktionstage
Pasquale Fiore: Bindeglied zur Verwaltung als Fachbereichsleiter Bürgerdienste, Soziales und Kultur
Bürgermeister Christian Seitz: Unterstützung auf Gemeindeseite